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.Alpenüberquerung 2009



Anreise & 1. Tag 09.09.09

Pünktlich um halb 7 klingelt der Wecker. Diese Uhrzeit ist für mich als Student ja der blanke Horror. Es hilft nichts, raus aus der Kiste und ab unter die Dusche, schließlich gilt es in einer Stunde den Bus Richtung Bingen HBF zu erwischen. Noch ein letztes Frühstück mit meiner Freundin und schon steh ich rechtzeitig am Simmerner Bahnhof. Von dort aus geht es über Bingen, mit Umstieg in Mainz, nach Frankfurt am Main. Da ich hier noch einen Aufenthalt von über einer Stunde habe, entschließe ich mich kurz den örtlichen Globetrotter zu besuchen. Da ich nur eine halbvolle Gaskartusche eingepackt habe, kaufe ich zur Sicherheit noch eine. Schließlich möchte ich ja nicht mit leerer Kartusche in den Alpen stehen und ich weiß nicht ob ich unterwegs noch die Gelegenheit dazu haben werde eine zu kaufen. Weiter geht es mit dem Bayern-Ticket in Richtung Oberstdorf. Die Fahrt verläuft eigentlich recht ereignislos, bis auf die üblichen kurzen Adrenalinstöße auf Grund von Verspätungen und somit das in Gefahr raten der Anschlusszüge in Würzburg, Treuchtlingen und Augsburg.
Aller Aufregung zum Trotz stehe ich Punkt 18:55 Uhr in Oberstdorf am Bahnhof. Ich entschließe mich, noch heute den E5 in Angriff zu nehmen und Richtung Spielmannsau zu laufen. Geplant war eigentlich unterwegs das Zelt aufzuschlagen, aber leider sind die einzigen geeigneten Wiesen direkt an den Almen. So laufe ich immer weiter auf der Suche nach einem geeigneten Platz zum zelten. Mittlerweile ist es schon dunkel geworden und es geht mit Stirnlampe weiter auf schmalen Pfad durch einen Wald. Nach ca. zwei Stunden erreiche ich den Gasthof Spielmannsau. Ich habe nicht mehr viel Hoffnung heute im dunklen noch einen geeigneten Zeltplatz zu finden. So entscheide ich mich hier ein Bett im Lager zu nehmen. Gesagt, getan, 12€ (ohne Frühstück) bezahlt und auf Lager Nummer 19 geschickt worden. Pro Lager gibt es hier 8 Betten, wovon 5 bereits von ostdeutschen Bergsteigern belegt sind. Sie haben heute ihren letzten Abend und laden mich in den Gemeinschaftsraum zu einer gemütlichen Runde ein. Nachdem ich mir mein Essen gekocht und mein Lager soweit eingerichtet habe, geselle ich mich zu den anderen fünf nebenan. Es wurde zu einem sehr netten Abend bei Bier und Kräuterlikör. Zwei der fünf sind den E5 schon gegangen und geben mir noch ein paar gute Tipps mit auf den Weg. Um 23 Uhr verziehe ich mich in mein Bett, denn der Wecker sollte am nächsten Morgen schon um 05:30 Uhr klingeln. Au Backe!




2. Tag 10.09.09

5.30 Uhr. "Quäääk". Auf keinen Fall, draußen ist es ja noch dunkel. Mit wenigen, geübten Handgriffen stelle ich den Wecker auf 6 Uhr weiter. Beim nächsten klingeln quäle ich mich dann aus dem Bett. Das einzig Gute ist, dass ich heute Morgen nochmal schön warm duschen kann. Nach dem lauwarmen Nass räume ich mein Zeug aus dem Zimmer in den Gastraum. Die fünf haben angekündigt heute nicht vor 8 Uhr aufzustehen, also bemühe ich mich so leise wie möglich zu sein. Gegen 7 Uhr verlasse ich die Spielmannsau und laufe Richtung Kemptner Hütte. Keine 10 min später entdecke ich den perfekten Zeltplatz- Das ist natürlich ärgerlich, aber da kann man jetzt auch nichts mehr ändern. Nach der Materialseilbahn wird der breite Weg zum schmalen Steig. An dem, aus dem Rother Führer beschriebenen, Rastplatz treffe ich auf einen weiteren Wanderer. Nach ein paar kurzen Satzwechseln stellt sich raus, dass er auch den E5 laufen möchte und hier heute Nacht sein Zelt aufgeschlagen hat. Wir beschließen erstmal zusammen weiter zu laufen, da er auch gerade aufbrechen wollte. Auf dem Weg zur Kemptner Hütte kommen uns Massen von Bergwanderern entgegen. Ich habe nicht mitgezählt, aber so an die 50 werden es gewesen sein. Nach einem anstrengenden zweistündigen Anstieg erreichen wir die Kemptner Hütte. Bei bestem Kaiserwetter machen wir uns vor der Hütte breit, kochen Kaffee, schießen einige Fotos und erkundigen uns nach dem Wetter. Nach einer ausgiebigen Rast brechen wir um 11 Uhr zum Mädelejoch und der Deutsch-Österreichischen Grenze auf, welche wir auch eine halbe Stunde später passieren. Ein paar obligatorischen Grenzfotos und weiter geht es jetzt Abwärts nach Holzgau. An der Oberen Roßgumpenalp entdecken wir einen wunderschönen Wasserfall, welcher in ein kleines Becken saust. Marc entscheidet sich spontan ein Bad zu nehmen. Mir ist das eindeutig zu kalt und so strecke ich nur meine Füße in das eiskalte Wasser. Ja ich weiß, ich bin ein Warmduscher, aber das war wirklich sau kalt. Weiter geht es abwärts nach Holzgau, vorbei am Simms-Wasserfall. In Holzgau decke ich mich dann nochmal mit Proviant für die nächsten zwei Tage ein. Um 16 Uhr geht es weiter Richtung Memminger Hütte. Wir haben nicht das Taxi bis zur Materialseilbahn in Anspruch genommen und so wissen wir, dass wir es heute nicht mehr bis dorthin schaffen werden. Aus Holzgau raus geht es durchs Lechtal und weiter an Bach vorbei, wo wir schließlich ins Madautal abbiegen. Obwohl die Straße, auf der wir bis zur Materialseilbahn unterwegs sein werden, für KfZ gesperrt sein soll, kommen uns doch sehr viele Autos entgegen bzw. fahren in Richtung Madau/Hermine. Unterwegs treffen wir ein Paar, welches seit 6 Wochen auf dem gelben Weg der Via Alpina (von Triest bis Oberstdorf) unterwegs ist. Was sie uns erzählen, lässt unsere Stimmung nicht wirklich steigen. Es soll im gesamten Madautal keine geeignete Stelle zum zelten geben. "So ein Scheiß und nun?". Erstmal weiter laufen, was sollen wir auch machen? Als wir an zwei Viehhütten vorbeikommen steigen wir die Almwiesen ein Stück auf um nach einem geeigneten Zeltplatz zu suchen. Leider ist dieses Unternehmen zuerst nicht von Erfolg gekrönt. Wir beraten, was wir weiter machen sollen. Mittlerweile ist es nach 18 Uhr und wir haben beide kaum noch Lust weiter zu laufen. Wir beschließen uns zu trennen und nochmals zu suchen, denn auf der Karte sind hier an dieser Stelle mehrere Gebäude eingezeichnet. Weitere 30 min später kommt Marc mit einer freudigen Nachricht zurück. Er hat eine Hütte mit fließend Wasser und spitzen Zeltplätzen entdeckt. Es beginnt für uns heute der letzte Aufstieg, über Wiesen und durch einen Wald. Marc hatte Recht, hier oben ist es traumhaft. Der Rest des Abends ist schnell erzählt. Zelte aufgebaut, Abendessen gekocht und in die Schlafsäcke verkrochen.






3. Tag 11.09.09

Es hat fast die ganze Nacht geregnet und so stehe ich heute etwas früher auf. Das Wetter sieht nicht besonders gut aus, es hängen tiefe, dunkle Wolken an den Berghängen und so räume ich mein Zelt aus, um es so schnell abbauen zu können, solange es noch trocken ist. Während ich anfange zu frühstücken pellt sich auch Marc aus seinem Schlafsack und wir frühstücken bei heißem Kaffee gemeinsam weiter. Leider haben wir dabei die Wolken aus den Augen verloren und so fängt es wieder an zu regnen. "So ein Mist, das Zelt steht ja noch". Zum Glück war es nur ein Schauer und wir können bald unsere Zelte abbauen. Diesen Morgen machen wir uns erst recht spät auf den Weg, ca. 10:30 Uhr. Der weitere Verlauf des Madautals ist echt idyllisch. Man läuft fast die gesamte Zeit an einem reißenden Bach, bis zur Materialseilbahn der Memminger Hütte, entlang. Um 12 Uhr machen wir uns an den Aufstieg zur Hütte. Erst jetzt merke ich den letzten Tag in den Beinen. Meter für Meter schrauben wir uns über einen felsigen und matschigen Weg in die Höhe. Es ist sau anstrengend und wir legen häufig ein kleines Päuschen ein. Bald werden wir auch von Rucksacklosen Wanderern überholt, die ihren Rucksack mit der Materialseilbahn hoch chauffieren lassen. "Faule Säcke" denke ich nur und gucke bemitleidend Mars Rucksack an, der gut und gerne 20 kg wiegt. Da bin ich mit meinen knappen 12 kg noch ganz gut bedient. Natürlich fängt es unterwegs auch wieder an zu regnen, sodass wir nach kurzer Zeit von Innen und Außen patschnass sind. Mühselig kämpfen wir uns den Weg nach oben, immer in der Hoffnung hinter der nächsten Kuppe die Hütte zu sehen. Nach knapp zwei Stunden ist es dann auch endlich so weit, die Hütte ist in Sicht. Wenige Minuten später stehen wir auch schon auf der Terrasse. Die Hütte zu sehen gab uns noch mal Kraft und wir sind fast die letzten Meter gesprintet. Dort angekommen ziehen wir erstmal unsere nassen Sachen aus und hängen sie in den Trockenraum. Wir setzen uns in den Gastraum und entspannen erstmal. Der Hüttenwirt hat keine guten Neuigkeiten für uns, denn das Wetter soll noch schlechter werden, als es ohnehin schon ist. Da unsere Schuhe, die Zelte und die restlichen Klamotten klitschnass sind, entschließen wir uns heute Nacht hier zu bleiben und nicht mehr die knapp drei Stunden bis zur Oberlochalm, wo es laut dem Paar von gestern einen hervorragenden Zeltplatz geben soll. So aber verbringen wir den Rest des Tages auf der Memminger Hütte und lassen es uns gut gehen. Wir haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass sich das Wetter morgen bei Zams bzw. dahinter bessert.






4. Tag 12.09.09

Die Nacht im Matrazenlager war nur mäßig erholsam. Wir hatten doch ein paar Schnarcher im Raum und ich habe leider keine Oropax dabei. Pünktlich um 6:00 Uhr, wenn die Nachtruhe um ist, wuseln auch schon die ersten durchs Lager. Ich döse noch ein Weilchen und stehe dann auch auf. An diesem Morgen gönne ich mir eine eiskalte Dusche. Danach bin ich dann auch hell wach und topfit um die nächsten Berge zu erklimmen. Marc und ich packen unsere Sachen und frühstücken auf der Terrasse der Memminger Hütte. Auf dem Hausberg entdecken wir ein paar Steinböcke oder Gämse, wir können es nicht genau ausmachen, auf jeden Fall sind es die ersten für unsere Tour. Um 7.45 Uhr machen wir uns auf die Socken in Richtung obere Seenwiee und Seescharte, denn diese gilt es heute zu überschreiten. Unser Weg führt uns knappe 300 hm bergauf, erst durch Geröll, später wird der Weg felsiger, steiler und anspruchsvoller. Leider haben wir auch an diesem Tag kein Glück mit dem Wetter, es ist mal wieder neblig. Nach einer Stunde ist es geschafft und wir überschreiten die Seescharte. Unser weiterer Weg ist nun der etwa 2000 m Abstieg runter nach Zams. Kurz nach Überschreitung der Scharte klart es etwas auf und wir können diesen kurzen Augenblick mit wundervollem Ausblick genießen. Weiter geht es steil abwärts bis wir schon weiter unten die Oberlochalm entdecken können. Hier wollten wir eigentlich gestern zelten, aber das Wetter und unsere Lust weiterzulaufen hat da leider nicht mitgespielt. Ein letzter sehr steiler Abstieg und schon stehen wir an der Alm. Marc kocht sich ein Süppchen und da er viel zu viel für sich gemacht hat, löffle ich auch einen Becher voll. Der weitere Abstieg ist jetzt nicht mehr so steil und verläuft die ganze Zeit an einem Bach entlang Richtung Unterlochalm, welche echt in einem traumhaften Lärchenwald liegt. Ab hier wird der Weg noch mal interessant, denn es geht weiter auf einem sehr schönen Steig am Fels entlang hinunter nach Zams. Man läuft hoch über dem Bach, welcher unten in der Schlucht rauscht. In Zams angekommen plündern wir erstmal den örtlichen Supermarkt und machen uns vor ihm mit allerlei zu Essen breit. Wir beraten, wie es denn weiter gehen soll, da es noch recht früh ist entschließen wir uns um 16:30 Uhr noch mit der Venetbahn hoch auf den Krahberg zu fahren und heute noch den Venet zu besteigen. 10,50€ und 10 min später stehen wir oben auf dem Krahberg. Das Wetter lockert wieder auf und wir können sogar ab und zu das Gipfelkreuz des Venets sehen. Sofort laufen wir los, in der Hoffnung doch einen kurzen klaren Augenblick auf dem Gipfel zu erhaschen, denn ein tolles Gipfelfoto sollte doch drin sein. Eine Stunde später stehen wir auch schon oben und bei tollem Sonnenschein und weitem Rundblick schießen wir unsere Gipfelfotos. Nach kurzer Beratung beschließen wir, nicht hier oben zu zelten, da es sehr windig ist und noch weiter zum Wannejöchel zu laufen. Dort wollen wir uns dann an den Abstieg machen. Bis zum Wannejöchel haben wir auch noch Sonnenschein, aber dann zieht es sich blitzartig zu. Im Nebel und der Dämmerung steigen wir vom Grat ab auf der Suche nach einem geeigneten Zeltplatz. NAch einer Weile kommen wir an der Galflunalm an. Sie sieht auf den ersten Blick unbewohnt aus, obwohl es laut Führer hier Übernachtungsmöglichkeiten geben soll. Bei näherem hinschauen, entdecken wir einen Zettel an der Tür, auf dem steht "Heute wegen Almabtrieb geschlossen". Es ist schon fast dunkel und wir haben absolut keine Lust mehr weiter zu laufen. Kurzer Hand machen wir uns auf der überdachten Terrasse breit. Wir kochen noch schnell das Abendessen und verkriechen uns dann in die Schlafsäcke, da es doch arschkalt ist.






5. Tag 13.09.09

Ab heute wollte ich eigentlich den offiziellen E5 verlassen und die öde Busfahrt durch das Pitztal durch eine Drei-Tages-Tour ersetzen. Diese Umgehung würde mich hinunter nach Piller und von dort über die Verpeilalm und Kaunergrathütte nach Mittelberg führen. Leider wurde aber für die nächsten Tage schlechtes Wetter gemeldet und auf dieser Alternativroute sind zwei technisch anspruchsvollere Höhenwege, die ich nicht alleine bei Schlechtwetter bestreiten möchte. So entschließe ich mich also mit Marc gemeinsam über die Normalroute weiter zu laufen. Nach einer ruhigen und erholsamen Nacht stehen wir gegen kurz nach sechs auf. Heute morgen ist die Sicht noch etwas besser, man kann die umherliegenden Berge zwischen den Wolken erkennen. Zum Frühstück gibt es Toast, Käse und Salami, welches ich gestern im Supermarkt gekauft und gleich einen Teil davon direkt davor vernichtet habe. Heute machen wir uns mal wieder früh auf die Socken. Hinunter geht es zur Larcher Alm und von da aus über den alten Almweg runter nach Wenns. Dort verpassen wir den Postbus nach Mittelberg leider um 10 min und so müssen wir noch eine Stunde warten. In der Zwischenzeit klappern wir den Ort nach einem Bäcker ab, der Sonntags geöffnet hat. Leider Fehlanzeige und so verschicke ich noch am Computer im Vorraum des Touristenbüros eine eMail. Dann laufen wir wieder zurück zur Bushaltestelle, wo ich noch schnell an der Telefonzelle meine Freundin anrufe.
Die Fahrt mit dem Bus durchs Pitztal dauert etwa 45 min und so stehen wir um 12:45 Uhr in Mittelberg am Fuße des Aufstiegs zur Braunschweiger Hütte. Marc köchelt sich mal wieder ein Süppchen um sich für den Aufstieg zu stärken. So kommen wir erst eine Dreiviertelstunde später los. Wir treffen am Anfang des Weges auf einen netten Herren, der auch auf dem E5 und zur somit zur Braunschweiger Hütte unterwegs ist und beginnen mit ihm gemeinsam den Aufstieg. Hinter der Gletscherstube müssen wir allerdings eine kleine Rast einlegen, um unsere Regensachen auszuziehen, denn es hat aufgehört zu Regnen und es wurde sackwarm in den Klamotten. Karsten, so heißt der Herr, zieht erstmal alleine weiter, aber es sollte nicht das letzte Mal sein, dass wir zusammen laufen.
Weiter geht es zu zweit an den Aufstieg. Schnell wird klar, dass ich schneller als Marc bin und so laufe ich ein Stück vor. Nachdem es auch wieder angefangen hat zu regnen hole ich Karsten wieder ein und wir steigen weiter gemeinsam auf. Als der Gletscher in Sicht kommt machen wir eine Pause, schießen ein paar Fotos und Marc schließt wieder zu uns auf.
Den restlichen Aufstieg meistern wir dann zu dritt und knapp zweieinhalb Stunden nach Mittelberg stehen wir oben an der Braunschweiger Hütte, wo es etwas Schneeregen gibt. Leider ist es auch hier sehr neblig und wir können den Gletscher von der Panoramaterrasse nur erahnen. Also geht es schnell in die Hütte, raus aus den nassen Sachen und rein die warme Gaststube. Ich verpasse mir mal wieder eine eiskalte Dusche und nach einem weiteren Bergsteigeressen sitzen wir noch zu dritt beisammen, quatschen ein bisschen, schreiben Tagebuch oder lesen noch ein wenig bis es dann ins Lager geht.




6. Tag 14.09.09

Erster Blick aus dem Fenster und was sehe ich da? Schnee! Es hat heute Nacht gut geschneit und dieser ist auch liegen geblieben. Das vereinfacht unsere Situation nicht wirklich. Zu dem Nebel kommt jetzt auch noch der Neuschnee, der die Wege und Zeichen verdeckt. Naja erstmal zusammenpacken und hören, was die anderen machen. Unten im Gastraum herrscht schon rege Diskussion, was denn jetzt am besten zu machen sei. Aufsteigen oder Absteigen? Die Meinungen gehen auseinander und so verstreicht die Zeit. Der Küchenjunge meint, dass es noch möglich sei übers Joch zu laufen und dann mit der Seilbahn ein Stück abzufahren. Egal ob wir hoch oder runter laufen, er rät uns so schnell wie möglich hier weg zu kommen, sonst sitzen wir hier womöglich eine Woche auf der Hütte fest. Mittlerweile haben sich fast alle Hüttengäste eingefunden und es wird weiter diskutiert. Nach einiger Zeit machen sich dann 2 Personen auf den Weg, es sieht so aus, als ob sie gute Bergerfahrung hätten. Sie laufen auch oben übers Joch.
Auf einmal wird es ganz hektisch, alle packen in Rekordzeit ihre Rucksäcke. Wir wollen los, so lange man noch die gespurten Wege erkennen kann, denn es schneit immer noch. Mit 11 Frauen und Männer machen wir uns schließlich auf den Weg. Dieser ist relativ gut, durch die Spuren unserer Vorgänger, zu erkennen. Anfangs geht es etwas bergab, aber dann natürlich wieder bergauf. Die Gruppe schiebt sich langsam durch die verschneiten Felsen immer weiter bergauf. Es wird immer steiler und einige Passagen sind mit Ketten versichert. Während des gesamten Aufstiegs schneit es weiter. Nach eineinhalb Stunden erreichen wir endlich das Joch und somit die Seilbahn abwärts. Es ist so neblig, man sieht kaum 50 m weit. Deswegen haben wir uns auch für die Bahn und nicht den Fußweg nach unten zum Parkplatz entschieden. 5 min Abfahrt mit der Bahn und wir stehen vor dem Rettenbachgletscher Restaurant.
Ein Teil der Truppe verabschiedet sich Richtung Vent und Meran, sie wollen die diese Variante des E5 laufen. Karsten, Marc und ich entscheiden uns weiter nach Zwieselstein abzusteigen. EIn weiterer Solist, Stephan, ca. 70 Jahre, schließt sich uns an. Ich muss sagen, ich habe schon mehrere Bergwanderer im hohen Alter getroffen und habe wirklich Respekt vor deren Leistung in ihrem Alter sich diese Strapazen anzutun. Wir steigen zuerst Richtung Sölden ab, wo wir auf den ausgebauten Schipisten laufen. Dies ist wirklich kein schöner Anblick, die verschandeln einfach die gesamte Landschaft. Es schneid die ganze Zeit weiter. Auf ca. 1500 m verlassen wir die Schipiste und queren einen Hang zwischen Sölden und Zwieselstein. An der Loiple Alm machen wir kurz Rast, wo uns Stephan auch schon wieder verlässt. Weiter geht es über Wiesen und durch Wälder talabwärts. Der Schnee hat sich mittlerweile in Regen verwandelt.
In Zwieselstein angekommen erfahren wir, dass es den örtlichen Supermarkt nicht mehr gibt und wir mit dem Bus nach Sölden fahren müssen. Zwei Stunden später sind wir wieder zurück und quatieren uns in die DAV Talhütte der Sektion Regensburg ein. Hier gibt es kostenlose heiße Duschen und eine top ausgestattete Küche. Karsten und ich kochen für uns zwei etwa 700 g Spaghetti, welche wir auch fast, aber nur fast, geschafft haben. Mit vollen Bäuchen lassen wir den Abend bei gutem Bitburger ausklingen und hoffen auf besseres Wetter die nächsten Tage.






7. Tag 15.09.09

Heute haben wir viel vor. Die Besteigung des Timmelsjoch und somit der Grenzübertritt nach Italien steht auf dem Plan. Schon früh stehen wir mit unseren Rucksäcken gesattelt vor der DAV Hütte zum Abschlussfoto. Marc wird uns heute leider verlassen, er möchte noch ein paar Tage allein laufen. So brechen wir gegen 07:30 Uhr zu unserer Tour auf. Bis zum Timmelsjoch sollen es 3 1/2 Stunden sein. Wir legen direkt mit ordentlichem Schritt los und sausen die ersten Steigungen hoch. Immer wieder treffen wir Kühe auf dem Weg, die sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Durch Wald und über Almwiesen geht es weiter nach oben. Von Zwieselstein sind es knapp 1000 hm bis hoch zum Joch. Nach knapp einer Stunde laufen wir dann parallel zur Timmelsjochstraße bis wir auf ein kleines Pfädchen links abbiegen, welches steil nach oben führt. Nach ein paar hundert Metern erreichen wir auch wieder die Schneegrenze, welche hier aber nur noch sehr dünn ist. Nach erstaunlichen 2 1/2 Stunden sind wir oben angekommen. Leider ist es sehr neblig und windig, sodass die Gipfel- und Grenzfotos schnell geschossen sind. Karsten und ich verziehen uns in die Timmelsjoch Raststätte und trinken einen Kaffee.
Um 11 Uhr beginnen wir mit dem Abstieg. Anfangs steil über Felsen geht es später wieder über Almwiesen und durch kleine italienische Gehöfte. Bei Rabenstein treffen wir auch wieder drei bekannte E5 Wanderer. Zum einen ist es Stefan, mit dem wir gestern schon ein Stück gelaufen sind und zwei Frauen, die beim Aufstieg von der Braunschweiger Hütte dabei waren. Sie konnten überhaupt nicht fassen, dass wir sie schon eingeholt haben, schließlich sind sie mit dem Bus aufs Joch gefahren und haben uns beim Aufstieg gesehen. Aber Karsten und ich sind heute in super Form, wir hatten einfach einen enormen Schritt drauf.
Um 14:15 Uhr erreichen wir den Ort Moos, das eigentliche heutige Etappenziel laut Führer. Wir erkundigen uns nach dem Wetter in der örtlichen Touristeninformation, aber was wir dort erfahren ist nicht sehr aufbauend. Regen für die nächsten Tage wird uns angekündigt. Stefan und die zwei Mädels fahren mit dem Bus nach St. Leonard. Stefan übernachtet dort, die Mädels wollen noch zu Pfandleralm aufsteigen. Wir beide sind noch sehr unentschlossen und wissen nicht so recht was wir denn machen sollen. Zu allem Überfluss hat es auch schon wieder angefangen zu regnen. Nach einiger Zeit entschließen wir uns noch die zwei Stunden bis nach St. Leonard zu laufen, da es noch zu früh ist, den heutigen Tag zu beenden. Prompt als wir loslaufen wollen, hält ein Rentnerehepaar aus Deutschland neben uns und fragt, ob sie uns denn ein Stück mitnehmen sollen. Wir müssen schon einen bedauerlichen Eindruck gemacht haben, damit die zwei von sich aus anhalten und uns fragen. Dieses Angebot können wir natürlich nicht abschlagen und so sitzen wir kurze Zeit später im Auto. Uns ist es wirklich peinlich mit den dreckigen Wanderschuhen in dieses wirklich sehr sauberes Auto einzusteigen. Aber was solls, schließlich haben die beiden uns ja gefragt. Wir fahren mit den beiden nach St. Martin, einen Ort hinter St. Leonard. Von dort aus sind es nur noch knapp zwei Stunden bis zur Pfandleralm, die wir auch noch heute in Angriff nehmen wollen, schließlich haben wir durch die Fahrt knapp 3 Stunden Fußweg gespart. Zusätzlich haben wir durch diese Aktion einen kompletten Wandertag gespart, da es von Moos bis zur Pfandleralm eine Tagesetappe ist. Der Aufstieg ist mörderisch, zumindest für uns, denn was wir heute schon in den Knochen haben ist nicht grad wenig. Die knapp 700 hm haben wir in einer Rekordzeit von 1 1/4 Stunden abgerissen. Oben angekommen bin ich tot. Es geht einfach nichts mehr. Dieser Tag hat mich echt geschafft. Also schnell ein Bettchen im Lager gebucht und ab unter die heiße Dusche. Ich bin mal wieder pitschnass und habe überhaupt keine Lust mehr noch weiter aufzusteigen und nach einem Zeltplatz zu suchen.
Bald kommen auch die zwei Mädels an und fallen fast aus allen Wolken, als sie uns sehen. Sie wollen es einfach nicht glauben, dass wir schon hier sind, mit uns haben sie heute überhaupt nicht mehr gerechnet. Von Moos bis zur Pfandleralm ist es eine knapp 5 Stunden Tour und die hätten wir ohne den motorisierten Untersatz auch nicht mehr geschafft, was wir ihnen natürlich sofort erzählt haben. Nach der Erklärung waren sie dann beruhigt, dass wir keine Übermenschen sind. Abends sitzen wir noch gemeinsam beim Essen zusammen und quatschen anschließend ausgelassen in einer gemütlichen Runde.






8. Tag 16.09.09

Am heutigen Tag steht eine weitere große Etappe an, es soll über den Hirzer (ca. 2800 m) gehen. Die Aussichten heute morgen sehen allerdings schlecht aus, es regnet mal wieder. Zum Glück hat uns der Hüttenwirt gestern Abend noch eine Alternativroute mit auf den Weg gegeben, auf die wir bei Schlechtwetter ausweichen können, was heute wohl der Fall sein wird. Um 8:30 Uhr laufen Karsten und ich im strömenden Regen los. Das erste Ziel ist die Hirzer Hütte am Fu? des Berges. Das heißt für uns erstmal wieder 600 hm rauf. Der Weg führt zunächst durch den Wald hinauf und quert in der baumlosen Vegetationszone den Hang Richtung Hirzer.
Nach drei Stunden erreichen wir schließlich die Hütte und sehen, dass die Wolken sehr tief am Berg hängen. Ab ca. 2500 m können wir auch noch Schnee entdecken. Bei einem kurzen Plausch mit dem Hüttenwirt entscheiden wir uns, auch auf sein Empfehlen hin, für die Alternativroute über die Oswaldscharte, welche nur ca. 2300 m hoch ist. Dafür müssen wir erstmal wieder 500 m zur Streitwalder Alm am Fuße der Schrate absteigen.
Um 14 Uhr beginnen wir dann mit dem Aufstieg, natürlich regnet es mal wieder aus vollen Eimern. Der Aufstieg über die knapp 800 hm ist, wie soll es auch anders sein, eine schweißtreibende Angelegenheit, was mal wieder dazu führt, dass wir nicht nur von Außen nass sind, sondern auch von Innen. Zwei Stunden später stehen wir oben auf der Scharte und können unser heutiges Ziel, die Meraner Hütte, schon sehen.
Wir halten uns bei Regen und Wind nicht lange hier oben auf und beginnen mit dem Abstieg. Es geht den Hang runter, vorbei an Schipisten und -liften, was mal wieder wirklich hässlich anzuschauen ist. Nach einer weiteren Stunde im Regen kommen wir an der Meraner Hütte an.
Es folgt das gleiche Spiel wie jeden Abend. Raus aus den nassen Klamotten, Duschen, Essen und einen netten, warmen Abend bei einem kühlen Blonden verbringen. Schließlich ist das unser letzter Abend, denn morgen heißt unser Ziel Bozen.




9. Tag 17.09.09

Das Lager mussten Karsten und ich dieses Mal nur mit zwei anderen teilen. Zum Glück schnarchte keiner, was zu einer wirklich erholsamen Nacht, nach diesem schrecklichen Regentag, führte.
Heute morgen geht es für uns um kurz nach 7 aus dem Bett. Die Hütte hat leider keinen Trockenraum, bzw. ist dieser Eiskalt und so werden unsere Befürchtungen von gestern Abend war. Die Kleidung und Schuhe sind kein Stück trocken geworden. Das heißt für uns rein in die klamme Kleidung und die feuchten Schuhe. Doch der Blick aus dem Fenster zaubert uns beiden ein Lächeln ins Gesicht. SONNE!!! Es ist tatsächlich eingetreten, laut gestrigem Wetterbericht haben sie für heute Morgen Sonne gemeldet. Allerdings soll es gegen Mittag wieder schlechter werden. Egal, das ist Balsam für die Seele.
Um halb 9 geht es los, immer der Sonne entgegen Richtung Süden nach Bozen. Für heute werden keine große Anstiege angekündigt, sondern wir laufen im Allgemeinen stetig Bergab. Für den Anfang steht noch ein kleiner Hügel, das Kreuzjoch, auf dem Programm, aber über diese lächerlichen 100 hm können wir nur müde lächeln. Der Weg ist bis Langfenn wirklich wunderschön.

Auf kleinen Pfaden geht es den Hügel hoch und später wieder durch Kiefernwälder bergab. Zu unserer Schande muss ich gestehen, dass wir uns kurz vor Langfenn verlaufen haben. Karsten und ich haben einen Abzweig verpasst, was aber nicht nur uns passiert ist, sondern auch zwei anderen Wanderern. Unseren Fehler können wir aber schnell korrigieren, indem wir auf einer Teerstraße zurück auf den E5 laufen.
Ab Langfenn, bis nach Jenesien verläuft der Weg durch eine "Parkanlage". Rentnerfreundlich, was sich sofort auf den Wanderverkehr auswirkt. Bis hierhin haben wir nur eine Hand voll Wanderer getroffen, aber hier laufen sie in Heerscharen auf. Etwa um 13:30 Uhr erreichen wir die Seilbahnstation in Jenesien. Leider müssen wir feststellen, dass die nächste Bahn erst in einer Stunde fährt. So hechten wir zurück zur Bushaltestelle den Berg hinauf. Wir haben uns entschieden mit dem Bus bis direkt in die Stadtmitte zu fahren und nicht den Fußweg zu nehmen, welcher aller Anschein nach hauptsächlich auf unschönen Teerwegen verläuft.
Pünktlich um 14:30 Uhr stehen wir, bei tollstem Sonnenschein, auf dem Walther von der Vogelweide Platz. Zum Abschluss trinken Karsten und ich noch einen echten italienischen Kaffee, was man in Deutschland unter Espresso versteht. Ab hier werden sich unsere Wege nun trennen. Karsten bleibt noch für zwei Tage in der Stadt, da er hier einen Cousin hat, den er besuchen will. Am Samstag wird ihn dann der Zug zurück nach Köln bringen. Ich mache mich auf den Weg zum nächsten Internet Café um meine Rückreise zu organisieren.
Nach ergiebigem Suchen und einem kurzen Telefonat später ist klar, dass ich noch heute Abend die Stadt Richtung München verlassen werde. Abfahrt ist gegen 21 Uhr mit einem alten orangenen T3, nur soviel steht bis jetzt fest. Na da werden wir mal schauen.
Die Zeit bis dahin vertreibe ich mir mit einer kleinen Stadtbesichtigung, esse Pizza und kaufe mir auf dem Obstmarkt ein bisschen frisches Obst. Auf dem Walther von der Vogelweide Platz lasse ich dann noch für ein paar Stündchen die Seele baumeln, bis ich die Rückreise antrete und somit wieder in den Alltag versinke.
Um 21 Uhr holt Bast mich vom Piazza Dogama ab. Er ist aus München und studiert hier in Bozen an der Filmschule. Er erzählt mir, dass noch eine junge Frau mit uns fährt, die wir auch sogleich abholen.
In knapp vier Stunden geht es gemütlich nach München. Dort habe ich dann noch mal vier Stunden Aufenthalt, bis der erste Zug um 05:04 Uhr Richtung Nürnberg fährt. Zuerst lasse ich mich im örtlichen Burger King nieder, wo ich auch die letzten Erlebnisse in mein Tagebuch verfasse. Anschließend laufe ich noch ein bisschen durch die Münchner City bei Nacht. Zurück am Bahnhof stelle ich eine Stunde vor Abfahrt entsetzt fest, dass das Bayern Ticket, welches ich mir kaufen wollte, erst ab 9 Uhr morgens gilt. So ein FUCK. Also noch vier weitere Stunden warten. Darauf hab ich gar keine Lust und jetzt noch eine Mitfahrgelegenheit zu organisieren wird schwierig. Wo bekommt man Nachts um halb fünf in München einen Internetzugang her? Also bin ich ins nächste Hostel gedackelt und siehe da, ich kann im Aufenthaltsraum ins Internet und werde fündig. Um 7 Uhr fährt jemand Richtung Köln und kann mich fast vor der Haustür rausschmeißen.
Ich vertreibe mir noch bis halb 7 die Zeit und rufe dann meine Mitfahrgelegenheit, in der Hoffnung auf einen freien Platz, an. Und siehe da. Es ist noch ein Platz frei. Jetzt muss ich es nur noch in 30 min gelingen vom Hauptbahnhof nach Fröttmanning zu kommen, was mir bis auf 4 min Verspätung gelingt. Ausgepowert setze ich mich in das Auto und werde gegen kurz vor 11 Uhr in Rheinböllen auf dem Autohof rausgelassen.





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